BERNADIN DE SAINT-PIERRE, Jacques-Henri (Q865): Difference between revisions

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quotation: Neben dem humanistischen Anliegen und der Gefühlstiefe dieses Romans machen nicht zuletzt sie dessen literarischen Wert aus. Wie bisher am Beispiel von Marmontel, Rétif de la Bretonne und Bernardin de Saint-Pierre gezeigt wurde, stellt sich der Roman der Spätaufklärung vor allem die didaktische Aufgabe der moralischen Unterweisung, deren Inhalt durch die aufklärerische Zielstellung, das heißt die Ablösung der feudalen Ständeordnung durch die bürgerliche Gesellschaft, bestimmt wird.

Revision as of 09:56, 27 November 2023

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BERNADIN DE SAINT-PIERRE, Jacques-Henri
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    BERNADIN DE SAINT-PIERRE, Jacques-Henri (français)
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    So veröffentlicht etwa Jean-Pierre Claris de Florian 1783 einen Pastoralroman, Galatee - im Anschluss an Cervantes und auch Bernardin de SaintPierre greift mit Paul et Virginie (1788), einer »espece de pastorale«, bukolische Motive auf. Zugleich aber gerät der geschlossene frühneuzeitliche ästhetische Code der Bukolik im Verlaufe des 18.
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    Dies gilt auch für unterschiedliche Formen des Historischen (besonders Mittelalter und Renaissance), Fantastischen (Reise auf den Mond, Eldorado, hybride Wesen zwischen Mensch und Tier, Monster), der Utopie (Marivaux, Voltaire, Morelly, Bernardin de Saint-Pierre, Sade) und der Uchronie (Louis-Sebastien Mercier, L'an 2440, reve s'il en fut jamais, 1770/1785/1786).
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    Bleiben wir in unseren Dörfern und versuchen wir nicht, aus der glücklichen Unkenntnis über die Freuden der großen Städte herauszutreten .. .“14 Das Ende der beiden Bauernkinder gestaltet Rétif mit „extremen“ Mitteln, er will - wie der in derselben Zeit blühende Schauerroman - „Entsetzen erregen“, um damit eine entsprechende moralische Wirkung zu erzielen : Der junge Mann ersticht fünf oder sechs Polizisten, die ihn festnehmen wollen, er wird in das Bagno gebracht, bereut und flieht, aber die Reue erlöst ihn nicht: auf der Flucht wird er von einer Schlange gebissen, man muß ihm einen Arm abnehmen, er verliert ein Auge, dann das andere, wird ein Wrack, das zwar von seiner ehemaligen Wohltäterin noch geheiratet, aber schon am Hochzeitstag von einem Wagen zermalmt wird; das junge Mädchen liebt einen Rohling, wird mißhandelt und krank, auch sie wird durch die Reue nicht erlöst: sie verfault bei lebendigem Leibe, „um alle, die sich dem Laster ergeben, zu entsetzen, damit sie nicht auf eine späte Reue vertrauen“.15 Faszinieren die Romane von Rétif de la Bretonne die Zeitgenossen vor allem durch ihre drastischen Schilderungen moralischer Korrumpierung, abscheulicher Laster und menschlichen Elends als Folge der Abkehr von der „Natürlichkeit“ des Landlebens, so wird schließlich diesen Darstellungen mit dem utopisch-sentimentalen Roman Paul et Virginie (1788) von Bernardin de Saint-Pierre am Vorabend der Revolution ein positives Gegenbild an die Seite gestellt, das an hinreißendem Pathos nichts zu wünschen übrigläßt. Dieser Roman soll ein „Bild der Natur“ geben, das heißt, die Güte und Schönheit eines von den verheerenden Folgen der fortgeschrittenen bürgerlichen Zivilisation verschonten, unentwickelten bürgerlichen Lebens schildern.
    Die von Bernardin gezeichneten Handlungs- und Stimmungsbilder werden durch poetische Naturschilderungen ergänzt und vertieft, wie es sie bis dahin nicht gegeben hatte.
    Er lernt 1772 Rousseau kennen, mit dem er die Liebe zur Natur und die kritische Sicht der zivilisierten Gesellschaft teilt (s.
    Auf Grund seiner Reisen und der dort angestellten Naturbeobachtungen und -entdeckungen kann Bernardin de Saint-Pierre seine Naturliebe in das Werk einfließen lassen.
    Einer der bedeutendsten rousseauistischen Romane ist Bernardin de Saint-Pierres Paul et Virginie (1788), dessen Verfasser sein Vorbild an Sendungsbewußtsein weit übertrifft, darüber hinaus die Rousseausche Lehre erheblich simplifiziert. Doch weniger die eindeutige Zuweisung der Schuld an die Gesellschaft und der Unschuld an die Natur ist für den Erfolg dieses Romans entscheidend als vielmehr die auf die Romantik weisende narrative Inszenierung der Natur.
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    Bleiben wir in unseren Dörfern und versuchen wir nicht, aus der glücklichen Unkenntnis über die Freuden der großen Städte herauszutreten .. .“14 Das Ende der beiden Bauernkinder gestaltet Rétif mit „extremen“ Mitteln, er will - wie der in derselben Zeit blühende Schauerroman - „Entsetzen erregen“, um damit eine entsprechende moralische Wirkung zu erzielen : Der junge Mann ersticht fünf oder sechs Polizisten, die ihn festnehmen wollen, er wird in das Bagno gebracht, bereut und flieht, aber die Reue erlöst ihn nicht: auf der Flucht wird er von einer Schlange gebissen, man muß ihm einen Arm abnehmen, er verliert ein Auge, dann das andere, wird ein Wrack, das zwar von seiner ehemaligen Wohltäterin noch geheiratet, aber schon am Hochzeitstag von einem Wagen zermalmt wird; das junge Mädchen liebt einen Rohling, wird mißhandelt und krank, auch sie wird durch die Reue nicht erlöst: sie verfault bei lebendigem Leibe, „um alle, die sich dem Laster ergeben, zu entsetzen, damit sie nicht auf eine späte Reue vertrauen“.15 Faszinieren die Romane von Rétif de la Bretonne die Zeitgenossen vor allem durch ihre drastischen Schilderungen moralischer Korrumpierung, abscheulicher Laster und menschlichen Elends als Folge der Abkehr von der „Natürlichkeit“ des Landlebens, so wird schließlich diesen Darstellungen mit dem utopisch-sentimentalen Roman Paul et Virginie (1788) von Bernardin de Saint-Pierre am Vorabend der Revolution ein positives Gegenbild an die Seite gestellt, das an hinreißendem Pathos nichts zu wünschen übrigläßt. Dieser Roman soll ein „Bild der Natur“ geben, das heißt, die Güte und Schönheit eines von den verheerenden Folgen der fortgeschrittenen bürgerlichen Zivilisation verschonten, unentwickelten bürgerlichen Lebens schildern.
    Er lernt 1772 Rousseau kennen, mit dem er die Liebe zur Natur und die kritische Sicht der zivilisierten Gesellschaft teilt (s.
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    Bernardin wählt als Schauplatz der Handlung - dem Vorbild der Robinsonaden folgend -eine ferne, exotische Insel im Indischen Ozean.
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    Bernardin wählt als Schauplatz der Handlung - dem Vorbild der Robinsonaden folgend -eine ferne, exotische Insel im Indischen Ozean.
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    Bernardin wählt als Schauplatz der Handlung - dem Vorbild der Robinsonaden folgend -eine ferne, exotische Insel im Indischen Ozean. Zwei Französinnen mit ihren beiden eingeborenen Dienern suchen dort Zuflucht.
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    Bernardin wählt als Schauplatz der Handlung - dem Vorbild der Robinsonaden folgend -eine ferne, exotische Insel im Indischen Ozean. Zwei Französinnen mit ihren beiden eingeborenen Dienern suchen dort Zuflucht. Madame de Latour war von ihrer Familie verstoßen worden, weil sie unter ihrem Stand geheiratet hatte; Marguerite, eine Bauerntochter, war den Versprechungen eines Edelmannes erlegen und ihres Fehltrittes wegen geflüchtet. Der Gatte der ersteren hatte unterwegs den Tod gefunden. Nur auf ihre eigenen Kräfte und auf die ihrer Diener angewiesen, müssen sie nun den Unterhalt für sich und ihre beiden eben geborenen Kinder, Paul und Virginie, aus einem kleinen Stück Land selbst erwirtschaften. Alle Mitglieder der kleinen Gemeinde sind vollkommen glücklich.
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    Mittels der die ganze Geschichte durchwaltenden Sentimentalität wird die Unverbindlichkeit des utopischen Modells aufgehoben und der Leser vor allem gefühlsmäßig am Geschehen beteiligt. Bernardin folgt hierbei den Grundsätzen Rousseaus, wonach sich der Mensch aus dem Abgrund seines verbildeten Wesens, nur durch einen Akt äußerster Konzentration seiner moralischen Kräfte erheben kann.17 Nur das im Innersten der Menschennatur verwurzelte Mitgefühl sei in der Lage, die egoistischen Interessen des Menschen zu überwinden und neue gesellschaftliche Beziehungen herzustellen.
    Neben dem humanistischen Anliegen und der Gefühlstiefe dieses Romans machen nicht zuletzt sie dessen literarischen Wert aus. Wie bisher am Beispiel von Marmontel, Rétif de la Bretonne und Bernardin de Saint-Pierre gezeigt wurde, stellt sich der Roman der Spätaufklärung vor allem die didaktische Aufgabe der moralischen Unterweisung, deren Inhalt durch die aufklärerische Zielstellung, das heißt die Ablösung der feudalen Ständeordnung durch die bürgerliche Gesellschaft, bestimmt wird.
    Literatur Der sentimentale Roman der Revolutionszeit steht in der Nachfolge Baculard d’Arnauds, Loaisel de Tréogates und Bernardin de Saint-Pierres.
    Neben dem sentimentalen Roman, den Mme Riccoboni („Lettres de Mistriss Fanni Butlerd“, 1757) und Mme de Charricre („Ca-liste“, 1787) sowie schließlich Rousseaus Freund Bernardin de Saint-Pierre mit „Paul et Virginie“ (1788) tradieren, kontrastiert Choderlos de Laclos (1741-1803) in seinem polyphonen Briefroman „Les liaisons dangereuses“ (1782) die Korruption und Verworfenheit der adligen Vertreter des libertinage de mœurs mit der Empfindsamkeit der tugendhaften Frauenfiguren.
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    Indem sich Bernardin an dieses Mitgefühl der Leser wendet, bei ihnen Rührung hervorruft und Mitleid mit dem tragischen Geschick seiner Helden erzeugt, will er seine Leser geneigt machen, ihre eigene Existenz von Grund auf zu überprüfen, ihrem egoistischen Wesen abzuschwören und sich ihrer moralischen Kräfte bewußt zu werden.
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    Neben dem humanistischen Anliegen und der Gefühlstiefe dieses Romans machen nicht zuletzt sie dessen literarischen Wert aus. Wie bisher am Beispiel von Marmontel, Rétif de la Bretonne und Bernardin de Saint-Pierre gezeigt wurde, stellt sich der Roman der Spätaufklärung vor allem die didaktische Aufgabe der moralischen Unterweisung, deren Inhalt durch die aufklärerische Zielstellung, das heißt die Ablösung der feudalen Ständeordnung durch die bürgerliche Gesellschaft, bestimmt wird.
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